Aufbau der Materie

zurück

Ethin

Bindungsverhältnisse beim Butadien / Mesomerie

Benzol

weiter

Mesomerie am Beispiel von 1,3-Butadien

am .

Zunächst eine Begriffsklärung:

isoliert

 

 

Der Begriff der Mesomerie wurde 1933 von INGOLD im deutschen Sprachbereich eingeführt. Der gleichbedeutende Begriff Resonanz wurde von PAULING im Rahmen der Valence-bond-Methode geprägt.

Bedeutung bzw. Anwendung der Mesomerie:

  • Bei der Deutung der Lichtabsorption von Farbstoffmolekülen.
  • Bei der Syntheseplanung, um abzuschätzen, an welchen Stellen eines Moleküls eine bestimmte Reaktion erfolgen können (z.B. Zweitsubstitution an Benzolringen).
  • Bei der Abschätzung der Stabilität von Verbindungen.
    Die Stabilität ist umso größer

    • Je größer die Zahl ähnlicher Grenzformeln ist
    • Je kleiner die Zahl der formalen Ladungen ist
    • Je weiter formale Ladungen des gleichen Vorzeichens voneinander entfernt sind
    • Je mehr die Verteilung von formalen Ladungen der Elektronegativität des Atoms entspricht

merke-klein

Als Mesomerie (Resonanz) wird die Erscheinung bezeichnet, dass die in einem Molekül (oder mehratomigen Ion) vorliegenden Bindungsverhältnisse nicht durch eine einzige Strukturformel dargestellt werden können, sondern nur durch mehrere fiktive Grenzformeln (Mesomerieformeln) bzw. Grenzformen, gewissermaßen Extremfälle, die durch Umlagerung von Elektronenpaaren gebildet werden können. Oft treten formale Ladungen auf. Formalladungen werden in einem Kreis geschriebe, Ionenladungen nicht! Die Mesomerieformeln werden mit Hilfe des Mesomeriepfeils unterschieden:

resonanzpfeil

 

Achtung:
Dies ist nicht mit der IsomerieLex zu verwechseln, bei der es sich um unterschiedliche Stoffe handelt.

 

Beispiel: 1,3-Butadien

butadien-1

Zur Namensgebung (Nomenklatur) der Alkene siehe hier.

 

Man kann sich das so vorstellen:

Um die mesomeren Grenzformen zu erhalten, klappt man konjugierte Doppelbindungen um, ähnlich wie beim Dominoeffekt:

dominostein

Die beiden "Zwitter-Ionen", die man bei diesen Grenzformen erkennen kann, sind aufgrund der ungleichmäßigen Ladungsverteilung (Elektronenverteilung) energetisch ungünstiger als die uns bekannte "normale" Strukturformel von Butadien; es sind Extremzustände. Trotzdem muss man feststellen, dass keine dieser Formeln die wahre Verteilung der Elektronen eines Butadien-Moleküls charakterisieren.

Dass es sich um Grenzformen handelt wird durch den Mesomeriepfeil (Resonanzpfeil) resonanzpfeil symbolisiert, der nicht mit dem ein chemisches Gleichgewicht symbolisierenden Doppelpfeil verwechselt werden darf (gleichgewichtspfeil-klein).

Ein Teil der an der Doppelbindung beteiligten Elektronen, die so genannten π-Elektronen (näheres siehe weiter unten), sind über einen größeren Bereich oder über das ganze Molekül verteilt. Diese verteilten π-Elektronen bezeichnet man als delokalisierte π-Elektronen.

Folgende Formel gibt am ehesten die
tatsächliche Verteilung der π-Elektronen wieder:

gestrichelt

Die gestrichelten Linien symbolisieren die delokalisierten, also verteilten, π-Elektronen.

 

 

Die Orbitaltheorie erklärt das Vorhandensein von delokalisierten Elektronen so, dass sich die hantelförmigen p-Orbitale überlappen, wodurch die delokalisierten Elektronen sich mit einer größeren Wahrscheinlichkeit in einem größeren Raum "bewegen" können. Auf diese Weise können sich die π-Elektronen über ein ganzes "Kohlenstoffgerüst" verteilen.

butadien-3

Aufstellen von Mesomerieformeln

am .

Warum man Mesomerieformeln aufstellt, haben Sie schon beim Thema Mesomerie am Beispiel von 1,3-Butadien erfahren. Dort findet man auch die Definition und die theoretischen Hintergründe sowie die Anwendungsbereiche.

Nicht alle Mesomerieformeln, die man für eine Strukturformel eines Mokeküls theoretisch finden kann, sind nahe an der wahren Struktur des Moleküls. Einige sind aus energetischen Gründen so unwahrscheinlich, dass es sinnvoll ist, Regeln zu kennen, um nur die wichtigsten Mesomerieformeln (also die energieärmeren) betrachten zu können.

Regel 1

  1. Es werden immer die Mesomerieformeln bevorzugt, bei denen für alle am Molekül beteiligten Atome die Oktettregel erfüllt ist.
  2. Je mehr Elektronenpaarbindungen vorhanden sind, desto stabiler (energieärmer) ist die Grenzformel.

Regel 2

Negative Ladungen sollten bevorzugt am Atom mit der größten Elektronegativität lokalisiert sein. Positive Ladungen sollten am Atom mit der geringsten Elektronegativität lokolaisiert sein. Die Mesomerieformel, bei der die entgegen gesetzten Ladungen näher beieinander sind, ist die stabilere, also energieärmere Grenzformel.

Regel 3

Neutrale Mesomerieformeln sind Mesomerieformeln mit Ladungen vorzuziehen. Bei Mesomerieformeln mit Ladungen gilt: Die Grenzform ist umso stabiler, je weniger Ladungen sie hat.

Regel 4

Um Regel 1 nicht zu verletzten, sind manchmal Ladungen beim Aufstellen von Mesomerieformeln nicht zu vermeiden. 

 

Beispiele:

carbonat-mesomerieAlle drei Resonanzformeln des Carbonat-Ions sind gleichwertig. Jedoch stellt keines der Formeln eine ausreichende Beschreibung des Moleküls dar.

Die Wahrheit liegt sozusagen in der Mitte:

carbonat-mesomerie-delokDie negative Ladung ist über die drei Sauerstoff-Atome gleichmäßig verteilt (delokalisiert). Dementsprechend findet man auch für dieses symmetrische Molekül eine trigonale Form, bei der alle Bindungslängen gleich sind.

 

Beim Hydrogencarbonat-Ion ergeben sich nur zwei sinnvolle Resonanzformeln:

hydrogencarbonat-mesomerie

Auch hier ist folgende Formel mit der delokalisierten Ladung die wahrscheinlichere:

hydrogencarbonat-mesomerie-delok

 

Da man für das Carbonat-Ion eine mesomere Formel mehr aufstellen kann, kann man davon ausgehen, dass das Carbonat-Ion gegenüber dem Hydrogencarbonat-Ion stabiler ist. Dies steht auch im Einklang mit dem natürlichen Kalkkreislauf.

 

 

--------------------------------------------

Quelle: K.P.C. Vollhardt, N.E. Schorre, Organische Chemie, 3. Auflage, Wiley-VCH, 2000, S. 28 ff.

Who's Online

Aktuell sind 231 Gäste und keine Mitglieder online

IMG 29012 k